"Die Norddeutsche": Matsch und Meilen auf dem Mountainbike

Alexander Bösch 23.10.2017 in "Die Norddeutsche"

Dreck, Adrenalin, Bäume, Wurzeln, Spaziergänger und ganz viel Matsch: vier unterschiedlich lange Strecken bot der Radsportclub RSC Rot-Gold 79 Teilnehmern. Das Motto: „Ich mag`s dreckig“ war Programm.

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Der CTF-Marathon trug den Titel „Ich mags dreckig“ zu Recht, wie das Gesicht von Olaf Schmidt beim Zwischenstopp in Schmidts Kiefern beweist. (Alexander Bösch)

Beckedorf/Landkreis Osterholz. „Da ist der Dreck, Adrenalin, die Bäume, Wurzeln, Spaziergänger, die wild mit den Armen rudern. Und vor allem – ganz viel Matsch.“ Vor allem von dieser „Zutat“ legte das über und über mit Dreckspritzern befleckte Gesicht von Olaf Schmidt am Zwischenstopp in Schmidts Kiefern während der Countrytourenfahrt (CTF) ein beredtes Zeugnis ab.
Der Worpsweder war einer von 79 Teilnehmern, die bei der ersten CTF des Radsportclubs RSC Rot-Gold Bremen am Sonntag auf dem Mountainbike das großflächige Waldareal rund um den Truppenübungsplatz Garlstedt durchfuhren. Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) hatte den Bremer Klub erstmals darum gebeten, sich als Ausrichter zur Verfügung zu stellen, und eine entsprechend anspruchsvolle Strecke zu planen.
Vier unterschiedlich lange Strecken
„Ich mag`s dreckig“ hieß das Motto für all diejenigen, die gern lange Strecken abseits asphaltierter Straßen fahren und keine Scheu haben, sich dabei so richtig schmutzig zu machen. „Das sind unsere Sommersprossen“, nannte Veranstalter Manfred Peschka die typischen Merkmale der Radler, die auf vier unterschiedlich langen Strecken Bekanntschaft mit der einen oder anderen Pfütze machten. Wer die verschwitzten, am ganzen Körper mit Matsch beklebten Radler betrachtete, wie sie am Cateringzelt eine herzhafte Brühe oder mit Schmierkäse bestrichene Cracker zu sich nahmen, war überzeugt, dass diese mindestens einmal ein komplettes Schlammbad genossen hatten. Von ihrem fahrbaren Untersatz gefallen sind hingegen die wenigsten der erfahrenen Sportler.

„Ich habe früher Triathlon gemacht und radle fast jedes Wochenende in dieser Gegend“, erzählte Olaf Schmidt. Dem Worpsweder machten andere Widrigkeiten zu schaffen. „Hier sind überall Pfeile. Ich hab einen richtigen Drehwurm, weil ich das Gefühl habe, dauernd im Kreis zu fahren. Jeder Baum sieht gleich aus“, gestand er und lachte. Sarah, eine von drei mitradelnden Frauen, die schnell weiter wollte und so ihren Nachnamen nicht verriet, machte bei einem Sturz die Bekanntschaft mit einer Brombeerhecke: „Nicht schlimm, alles Vorbereitung für meinen nächsten Triathlon.“
Auch der Mann aus Tangstedt, der für den schleswig-holsteinischen RSC Kattenberg antrat, hielt sich bei dem ungewöhnlichen Radsport-Wettkampf eher an lässig-sportliche Umgangsformen und beantwortet die Frage auf seinen Namen mit "Dirk". Der passionierte Langstreckenfahrer, gestand allerdings: „Ich habe einen aus meinem Rudel verloren. Ich hab ihm noch zugerufen 'Wir sind falsch', aber da war er schon falsch abgebogen.". Im September habe er auf einer Privattour die 1200 Kilometer lange Strecke von Paris nach Hamburg zurückgelegt. Dirks Geheimtipp für ein energiespendendes Getränk? „Cola mit einem Schuß Selter, das wirkt isotonisch. Aber erst im letzten Drittel, sonst wird der Blutzucker zu hoch.“ Überhaupt hatte jeder Fahrer so seine Geheimmittel. Da schwörten beispielsweise Fahrer auf Apfelschorle mit einer Messerspitze Salz.
Vier Strecken, die kleinste 36 Kilometer lang, die längste 92 Kilometer und dem Marathon entsprechend, wurden an diesem regnerischen Sonntag zurückgelegt. Gestartet wurde an der Wiesenschule in Beckedorf. Dann radelten die Teilnehmer durch die Wälder rund um Meyenburg beziehungsweise bis in Richtung Freißenbüttel. „Die Strecken sind wie ein Blütenblatt angelegt, bei dem es einige Überschneidungen gibt“, erklärte Volker Bernd vom RSC. Wobei der eine oder andere Fahrer im Eifer des Gefechts schon mal einem Hinweisschild folgte, das für eine andere Strecke als seine eigene vorgesehen war.
Mit seinem Team hatte Volker Bernd vorher stundenlang die zahlreichen Hinweisschilder angebracht: „Meist auf dem Rad, mit dem Auto kommt man da nicht hin.“  Ein militanter Bauer, dem der Streckenverlauf weniger gut gefiel, habe fast alle Schilder rund um seinen Hof wieder entfernt. Volker Bernd nimmt es gelassen, steht den Radlern auch mit technischem Know-how zur Seite. „Wenn etwas zu reparieren ist, bin ich zur Stelle. Wenn nichts mehr geht, wird das Rad ins Auto gepackt und zum Startpunkt an der Wiesenschule gebracht“. Am Ende sei lediglich ein abgerissenes Schaltwerk zu beklagen. Einige Radler nahmen sich einige Schläuche für den Weg mit. Zur Sicherheit war auch eine Ärztin vor Ort.
Ohne Pokalaussicht durch den Wald
Einen Pokal gibt es bei der naturschonenden Countrytourenfahrt ebenso wenig wie eine Rangliste am Ziel. „Wir haben einfach Bock, durch den Wald zu fahren, ohne den ganzen störenden Ehrgeiz“, gesteht Thomas Schillmüller aus Vechta. Da sein GPS-Trackingsystem nicht geladen war, hatte sich der 44-Jährige „ein paarmal böse verfranst“. Sein „Kumpel Klaus“ gab zu, dass man sich am Anfang noch sträube und möglichst sauber bleiben wolle, „weil der nasse Hintern sonst unangenehm auf dem Sattel reibt“. Thomas Schillmüller ergänzt: „Wenn man aber erst mal dreckig ist, ist das vollkommen egal.“ Oswald Weippert-Trittin vom RSC Rot-Gold reichte derweil heiße Brühe an zwei verschwitzte Neuankömmlinge. Der Schwager von Jürgen Trittin erzählt über seinen prominenten Verwandten: „Jürgen interessiert sich sehr für Radsport, kommt aber wegen der Politik selten dazu.“

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