2017 RTF

Bericht im Weser-Kurier vom 18.5.2017

Beim Rad-Marathon des RSC Rot-Gold Bremen stößt unser Mitarbeiter als untrainierter Neuling an seine Grenzen

Alleine gegen den Wind
Christian Markwort 18.05.2017

Bremen. Ich liebe es, auf meinem Fahrrad durch die Landschaft zu fahren – deshalb war ich sofort Feuer und Flamme, als ich die Gelegenheit bekam, am „Roland-Marathon“ des Radsportvereins RSC Rot-Gold Bremen teilzunehmen. Anlässlich des 60-jährigen Bestehens des Vereins kamen mehr als 400 Fahrerinnen und Fahrer am Sportturm der Universität zusammen, um die verschiedenen Distanzen anzugehen. Die Veranstaltung ist in der Bremer Radsportszene für viele Radfahrer ein fester Bestandteil der Saison, im vergangenen Jahr haben sogar über 500 Radler daran teilgenommen.

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Gute Laune war unter den rund 400 Teilnehmern des Rad-Marathons beim RSC Rot-Gold Bremen auf der Strecke zumeist angesagt. Daran konnte auch der später einsetzende Regen kaum etwas ändern. (frei)

In diesem Jahr allerdings schreckte eine Unwetterwarnung vermutlich den einen oder die andere eventuell von der Teilnahme ab. Für die Jubiläumsausgabe haben Mitorganisator Axel Vette und sein mehr als 40-köpfiges Helferteam fünf unterschiedliche Distanzen konzipiert, die jeweiligen Etappen liegen dabei zwischen 54, 72, 117, 174 und 217 Kilometern. Da ich im Vergleich zum Großteil der Starter doch eher untrainiert bin, habe ich mich mit Axel Vette zusammen für die kürzeste Distanz entschieden. Schließlich möchte ich mir nur einen persönlichen Eindruck verschaffen und strebe – trotz allen vorhandenen Ehrgeizes – nicht an, als einer der Ersten meiner kleinen Gruppe im Ziel anzukommen.
Bei der Anmeldung im Sportturm bekomme ich meine Startnummer, Informationen zur Strecke – und von Axel Vette die Mitteilung, dass er sich eine Wadenzerrung zugezogen hat und nicht am Rennen teilnehmen kann. „Ich habe mich seit Tagen auf diesen Tag vorbereitet und sehr gefreut“, erzählt er mir, „leider hat es bei der letzten Trainingsfahrt gestern Abend auf ein Mal in meiner Wade gezwickt.“ Pech für ihn und Pech für mich, schließlich war Vette als Führer meiner Gruppe vorgesehen und sollte mich als Neuling unter seine Fittiche nehmen. So muss ich mich einer Gruppe anschließen, in der es vor ehrgeizigen Fahrerinnen und Fahrern nur so wimmelt und die mir bereits am Start zu verstehen geben, dass ich es schwer haben würde. „Du machst für uns die Führungsarbeit“, raunt mir einer mit breitem Grinsen zu und ein anderer bedauert mich schmunzelnd, weil ich mich mit einem Mountainbike und nicht mit einem Rennrad auf den Weg mache. „Na“, meint der erfahrene Radrennsportler, „ob Du mit der Mühle ins Ziel kommst, fällt mir schwer zu glauben.“ Na, das nenne ich mal eine gelungene Motivationshilfe.

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Unser Mitarbeiter Christian Markwort (links) reiht sich beim Start noch recht zuversichtlich in das Fahrerfeld ein. (Christian Markwort)

Bereits kurz nach dem Start muss ich erkennen, dass es die anderen doch ernst nehmen. Wenige Kilometer später habe ich nur noch die Hinterräder zweier junger Frauen vor mir, die mir ein wenig Windschatten bieten. Daniela und Mareike fahren seit mehreren Jahren Radrennen und leisten mir zunächst zusätzlich moralische Unterstützung auf meiner allerersten großen Ausfahrt. Während die beiden scheinbar ohne größere Beschwerden ihr Pensum in ihrem Rhythmus abspulen, fängt meine Lunge bereits kurze Zeit später an zu brennen und mein Keuchen verschreckt sogar einige Raben am Streckenrand. „Nicht zuviel dran denken“, überlege ich mir, diese Blöße möchte ich mir vor den beiden Mädels nicht geben müssen. Doch mit jeder Pedalumdrehung fällt es mir schwerer, den Frauen zu folgen oder gar die wunderschöne norddeutsche Landschaft im Blick zu behalten. Meine Oberschenkel schmerzen und dann kommt auch noch das, was mir letztlich den Rest gibt: Starker Regen fällt vom Himmel und noch stärkere Windböen erschweren mir das Radeln – mehr ist es nämlich ehrlich gesagt nicht, was ich an diesem Tag zustande bringe. Und als die beiden Helferinnen schließlich beschließen, Ernst zu machen, fahre ich plötzlich alleine gegen den Wind – und gegen den zunehmend lauter brüllenden inneren Schweinehund an.
Doch noch ist mein Ehrgeiz stärker, ich wollte mindestens den ersten Kontrollpunkt nach knapp 25 Kilometern erreichen, hatte ich mir vor Rennbeginn fest vorgenommen. Jetzt allerdings spüre ich meine Beine kaum noch, das Treten fällt zunehmend schwerer. Von vorn peitscht der Wind den Regen in mein Gesicht, von hinten überholen mich immer mehr Fahrer, die deutlich später losgefahren sind als ich selbst. Das gibt mir mental den Rest und obwohl ich weiß, dass ich mich damit dem Gespött der richtigen Radrennfahrer aussetzen werde, akzeptiere ich schweren Herzens meine Grenzen, und gebe das Rennen auf. Nach etwa 15 Kilometern reicht es, an einem kleinen Unterstellhäuschen beende ich meine Tour und kehre peinlich berührt zur Uni zurück. Mittlerweile ist auch jeglicher Ehrgeiz verschwunden, mir geht es nur noch darum, einigermaßen unfallfrei vom Fahrrad abzusteigen. „Zwick-Wade“ Vette erwartet mich schon mit tröstenden Worten. „Nicht traurig sein“, sagt er, „kommen Sie doch mal zum Training bei uns vorbei, dann klappt es im nächsten Jahr bestimmt besser.“ Ich werde seinen Rat mit Sicherheit befolgen und allen Spöttern zeigen, dass ich doch mithalten kann.

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